
Unzufrieden nach Vertragsschluss? So lösen Sie sich von Verträgen

Sie haben einen Vertrag abgeschlossen, den Sie so überhaupt nicht wollten? Damit sind Sie nicht allein. Unsicherheiten nach einem Vertragsschluss kommen immer häufiger vor. Wir zeigen Ihnen, wie Sie sich davon wieder lösen können.
Das Wichtigste in Kürze:
Sie erfahren als Verbraucher:in einen besonderen Schutz.
Bestimmte Verträge können innerhalb von zwei Wochen widerrufen werden.
Beim Widerruf müssen Sie bestimmte Bedingungen einhalten.
Wann dürfen Sie einen Vertrag widerrufen?
Es gibt Situationen, in denen fühlt man sich einem gewissen Druck ausgesetzt oder überrumpelt. Sie unterschreiben, obwohl Sie es gar nicht so recht wollten. So ist es beispielsweise, wenn der Vertreter oder die Vertreterin plötzlich an der Haustür klingelt oder Sie den Vertrag in der Fußgängerzone unterzeichnen sollen.
Bei Verträgen gilt jedoch erst einmal der Grundsatz „Pacta sunt servanda“ (zu Deutsch: Verträge sind einzuhalten“). Daher müssen bestimmte Voraussetzungen vorliegen, damit Sie sich von einem Vertrag wieder lösen können.
Sind Sie Verbraucher:in?
Grundvoraussetzung für ein gesetzliches Widerrufsrecht ist, dass Sie den Vertrag als Verbraucher:in abgeschlossen haben. Es muss also ein privater Kauf sein. Sie dürfen das Produkt nicht als Unternehmer:in –beispielsweise einen Föhn für Ihren Frisörsalon – gekauft haben.
Ihr(e) Vertragspartner:in muss zudem Unternehmer:in sein. Wenn Sie etwas online oder in einem Geschäft kaufen, ist dies regelmäßig der Fall. Man spricht hier von einem Verbrauchervertrag. Aber nicht jeder Verbrauchervertrag beinhaltet automatisch ein Widerrufsrecht. Nur in bestimmten Fällen steht Ihnen ein solches zu.
Unterschrieben an der Haustür?
Eine typische Situation: Der Staubsaugervertreter klingelt an Ihrer Tür. Kommt es tatsächlich dazu, dass Sie einen Staubsauger von ihm kaufen, steht Ihnen ein Widerrufsrecht zu. Denn bei sogenannten Haustürgeschäften schützt Sie das Gesetz vor der damit verbundenen Drucksituation mit einem Widerrufsrecht.

Online-Vertragsprüfung
Mit der Online-Vertragsprüfung haben Sie die Möglichkeit, Verträge durch unabhängige Rechtsanwälte prüfen zu lassen.
Neben Haustürgeschäften kommen auch andere Konstellationen in Frage, wo ein Vertrag außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen worden ist und Ihnen ein Widerrufsrecht zusteht. Zum Beispiel bei sogenannten Kaffeefahrten.
Online-Kauf über das Internet
Des Weiteren können Sie auch Käufe über das Internet widerrufen. Beim typischen Online-Shopping bekommen Sie so die Möglichkeit, sich die Ware „live“ erst noch einmal anzusehen, bevor Sie sich endgültig dazu entscheiden, diese zu behalten.
Auch der Abschluss eines Vertrages über andere Kommunikationsmittel wie das Telefon oder per E-Mail begründen ein solches Widerrufsrecht. Hier sprechen Jurist:innen von sogenannten Fernabsatzverträgen, welche durch den Vertragsschluss über Fernkommunikationsmittel gekennzeichnet sind.
Baumaßnahmen und weitere Ausnahmen von Widerrufsrecht
Auch bei sogenannten Bauverträgen haben Sie ein Widerrufsrecht. So zum Beispiel beim Bau eines Hauses oder auch, wenn Sie an Ihrem Haus Umbaumaßnahmen vornehmen lassen.
Haben Sie beim Abschluss eines Vertrags vereinbart, dass die Ware in Raten geliefert werden soll, steht Ihnen ein Widerrufsrecht zu. Dies gilt unabhängig davon, ob es Sie den Vertrag außerhalb von Geschäftsräumen oder per Fernkommunikationsmittel abgeschlossen haben. Ein klassisches Beispiel ist das Abo für die Zeitung.
Kredit für den Kauf aufgenommen?
Sollten Sie einen Kredit aufgenommen haben, zum Beispiel für den Kauf eines neuen Autos, steht Ihnen auch hier ein Widerrufsrecht zu. Bei sogenannten verbundenen Verträgen muss das Darlehen gerade für diesen Kauf aufgenommen werden.
Ihnen steht bei einem Darlehensvertrag ebenfalls ein Widerrufsrecht zu – sollten Sie also das Darlehen widerrufen, sind Sie auch nicht mehr an den damit verbundenen Kaufvertrag gebunden. Gleiches gilt auch umgekehrt.
Und zuletzt: Das Gesetz eröffnet Ihnen ein Widerrufsrecht bei Verträgen über einen „langfristigen Urlaub“– Jurist:innen bezeichnen diese als Teilzeit-Wohnrechteverträge. Hier ist die Rede von Verträgen, bei denen Ihnen über einen Zeitraum von über einem Jahr die Übernachtungsmöglichkeit in einem Haus gewährt wird. Dazu gehören auch sonstige Verträge, die mit dem Thema Urlaub zusammenhänge. Zum Beispiel Verträge, durch welche Ihnen über eine gewisse Dauer Preisnachlässe oder sonstige Begünstigungen im Zusammenhang mit einer Unterkunft zustehen.
Wie üben Sie den Widerruf aus?
Das Widerrufsrecht allein hilft Ihnen nicht, sich vom Vertrag zu lösen. Sie müssen den Widerruf darüber hinaus richtig ausüben. Wie das geht, erfahren Sie hier:
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Widerrufserklärung: Es muss eindeutig sein
Zunächst müssen Sie Ihrer oder Ihrem Vertragspartner:in, in der Regel also dem Verkäufer oder der Verkäuferin, deutlich zu verstehen geben, dass Sie kein Interesse mehr an dem Vertrag beziehungsweise der gekauften Sache, haben. Meist stellt dieser Ihnen bei Vertragsschluss schon ein entsprechendes Widerrufsformular bereit, welches Sie nur mit den gefragten Informationen füllen müssen.
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Widerrufsfrist: Sie haben zwei Wochen Zeit
Sie sollten ebenfalls beachten, den Vertrag rechtzeitig zu widerrufen. Grundsätzlich haben Sie dafür nach Vertragsschluss zwei Wochen Zeit. Es gibt jedoch bestimmte Konstellationen, in denen die Frist nicht bereits mit Vertragsschluss zu laufen beginnt.
Sonderfall: Haben Sie mehrere Artikel im Internet bestellt und diese werden nicht alle auf einmal an Sie geliefert? Dann beginnt die Widerrufsfrist erst dann, wenn Sie den letzten Artikel aus Ihrer Bestellung erhalten haben.
Die Frist beginnt auch dann nicht mit Vertragsschluss zu laufen, wenn die Verkäuferin oder der Verkäufer Sie nicht ordentlich über den Widerruf und die dazugehörigen Bedingungen informiert hat.
Werfen Sie einen Blick in das Kleingedruckte. Fehlt die Widerrufsbelehrung? Dann gilt auch keine zweiwöchige Widerrufsfrist. In einem solchen Fall erlischt Ihr Widerrufsrecht nach 1 Jahr und 14 Tagen.
Ausnahme: Maßanfertigung oder leicht Verderbliches
Auch wenn Ihnen grundsätzlich ein Widerrufsrecht zusteht, kann dieses in bestimmten Fällen ausgeschlossen sein. Handelt es sich bei dem Kauf zum Beispiel um eine Maßanfertigung oder auch leicht verderbliche Sachen, steht Ihnen laut Gesetz kein Widerrufsrecht zu.
Welche Folgen hat der Widerruf?
Ein erfolgreich ausgeübter Widerruf führt im Ergebnis dazu, dass sowohl Käufer:in als auch Verkäufer:in das zurückerlangen, was Sie dem jeweils anderen geleistet haben. Sprich: Sie erhalten als Kund:in den gezahlten Kaufpreis zurück, wohingegen Sie dazu verpflichtet sind, die gekaufte Sache zurückzuschicken.
Für die Rücksendung trägt normalerweise die/der Verkäufer:in die Kosten. Beachten Sie jedoch, ob nicht hiervon abweichende Vereinbarungen getroffen wurden, wodurch Sie die Kosten für den Rückversand tragen müssten. Auch dies steht im Kleingedruckten.
Fazit: Machen Sie sich vorher Gedanken
Sollten Sie es sich nach dem Abschluss eines Vertrags doch anders überlegt haben, sind Sie nicht zwingend an diesen Entschluss gebunden. Steht Ihnen ein Widerrufsrecht zu, können Sie sich durch ausdrückliche Erklärung und unter Einhaltung der Frist wieder von diesem lösen.
Am besten ist es natürlich, Sie machen sich bei Unsicherheiten über einen Vertrag im Vorfeld noch einmal gründlich Gedanken: Wollen Sie den Vertrag wirklich abschließen?

Lilly Keymel
Steht kurz vor dem ersten juristischen Staatsexamen und hat schon zu Schulzeiten großen Gefallen am Recherchieren und Schreiben gefunden. In juristischen Themen ist sie zu Hause und ergänzt damit perfekt das Autor:innenteam von MEINRECHT.