
Die Abmahnung
Im Sinne des Arbeitsrechts ist eine Abmahnung eine letzte Warnung. Angestellte verstoßen gegen die Vertrags-Vereinbarungen – Arbeitgeber:innen äußern ihre Unzufriedenheit und erwägen meist schon eine Kündigung. Es sind ernstzunehmende Angelegenheiten, wenn es zu einer Abmahnung kommt. Logisch also, dass Abmahnungen oft auf dem Richtertisch landen. Es gilt folglich einiges zu beachten, wann und wie abgemahnt wird.
In unserem Ratgeber finden Sie die wichtigsten Fakten, Regelungen, Details zur Abmahnung – und auch die rechtlichen Mittel, um sich dagegen zu wehren.
Der Ratgeber Abmahnungen – und alle Beteiligten
Eine Abmahnung kann formlos erfolgen – per Post, Mail, Fax oder sogar mündlich. Da wegen Kleinigkeiten nicht abgemahnt wird und das Ganze gernmal zu einem Rechtsstreit führt, empfiehlt sich für eine Abmahnung Schwarz auf Weiß in Papierform.
Hier haben Sie die Anleitung dazu: Unser Ratgeber macht Sie vertraut mit den Eigenheiten einer Abmahnung – für beide betroffenen Parteien.
Ermahnung bis zur Abmahnung mit Unterlassungserklärung
Eine Vertragspartei (z.B. der/die Arbeitgeber:in) ist unzufrieden. Es macht sich Unmut breit, der ein Ventil braucht. Bei kleineren Verstößen ist eine einfache Ermahnung das Mittel der Wahl. Sie ist quasi die kleine Schwester der Abmahnung und kommt weniger massiv – und ohne arbeitsrechtliche Konsequenzen – daher. Auch das Gesetz empfiehlt, diesen Schritt nicht zu übergehen: Nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist bei kleineren Verstößen die Ermahnung zu wählen. Erst in einem nächsten Schritt bzw. bei massiven Vertragsverstößen wird eine Abmahnung passend.
Ermahnung bis zur Abmahnung mit Unterlassungserklärung
Wenn die Angelegenheit zum Schwergewicht werden soll, kann die abmahnende Partei eine Unterlassungserklärung hinzufügen. Der/die Empfänger:in soll diese unterschreiben, damit den begangenen Verstoß bestätigen und sich gleichzeitig verpflichten, das angemahnte Verhalten in Zukunft zu unterlassen.
Sollten Sie als Arbeitnehmer:in eine Abmahnung mit Unterlassungserklärung erhalten, beachten Sie bitte Folgendes:
Unterschreiben Sie niemals sofort. Mit Ihrer Unterschrift stärken Sie die Beweislast gegen sich. Sie sind nicht verpflichtet, die Unterlassungserklärung umgehend zu unterschreiben. Lassen Sie sich aber umgehend beraten.
Meist wird eine Frist formuliert, bis zu der Sie die Unterlassungserklärung zu unterschreiben haben. Der Zeitraum muss angemessen sein – üblich sind hier sieben Tage – dann ist die Frist für Sie verbindlich. Allerdings haben Sie immer die Möglichkeit, um eine Fristverlängerung zu bitten, um sich Bedenkzeit zu verschaffen.
Ja, unbedingt. Lassen Sie den Fall (Abmahnung und Unterlassungserklärung) von einem Anwalt bzw. einer Anwältin ausgiebig prüfen. Entscheiden Sie anhand des Prüfergebnisses und dem anwaltlichen Rat, ob Sie die Unterlassungserklärung tatsächlich und mit allen Konsequenzen unterschreiben müssen.
Die 3 Eskalations-Stufen einer Abmahnung
Ob sie mündlich oder schriftlich daherkommt, die klassische Abmahnung kann vielseitig ausgelegt werden: als Formsache, die zur Kenntnis genommen wird, als Fingerzeig, um an Regeln zu erinnern oder sogar als Vorwarnung für eine fristlose Kündigung. Die üblichen Funktionen einer Abmahnung sind also:
Die sanfteste Form der Abmahnung hält einen Pflichtverstoß fest. Sie dient also als Beweis, dass der/die Abgemahnte sich nicht den Vereinbarungen entsprechend verhalten hat – und wird (als Nachweis) in der Personalakte verwahrt.
Wie in der Erziehung eines Kindes: Wer sich nicht an die Regeln hält, erhält eine Abmahnung. Hier geht es also darum dem/der Arbeitnehmer:in deutlich aufzuzeigen, dass er/sie ein nicht duldbares Verhalten an den Tag gelegt hat.
Hier wird es ernst. Dem Arbeitnehmenden droht eine arbeitsrechtliche Konsequenz – das kann bei wiederholter Abmahnung eine fristlose Kündigung sein. Die Abmahnung macht hier deutlich, dass das Arbeitsverhältnis bereits gefährdet.
Beleidigung, Diebstahl und andere Gründe für eine Abmahnung
Wann ist eine Äußerung derart beleidigend, dass sie Arbeitgeber:innen zu einer Abmahnung berechtigt? Kann mangelnde Leistung abgemahnt werden? Das ist pauschal meist nicht zu beantworten. Vor dem Arbeitsgericht werden solche Fragen anhand des jeweiligen Einzelfalls geklärt.
Eine grobe Einschätzung aber ist möglich – und findet sich in dieser Übersicht:
Gründe für eine AbmahnungAnleitung für eine schriftliche Abmahnung
Abmahnen kann auch mündlich geschehen. Dann ist zumindest klar, dass etwas nicht passt – rechtlich belastbar ist eine Äußerung aber kaum. Daher setzt der/die Abmahnende (meist der/die Arbeitgeber:in) im besten Fall ein Dokument auf und formuliert darin möglichst konkret, gegen welche Vorschriften oder Vereinbarungen verstoßen wurde.
Eine arbeitsrechtlich wirkungsvolle Abmahnung muss das übliche Format eines förmlichen Dokuments erfüllen (Details zum Abgleich in der Checkliste), sowie diese vier Bestandteile aufweisen:
Hier wird genannt, was der/die Ermahnte sich zu Schulden kommen ließ. Das beanstandete Verhalten kurz formuliert wäre zum Beispiel:
„Sie sind verspätet zur Arbeit erschienen“.
Bisher wurde das Verhalten beanstandet – hier wird jetzt deutlich gemacht, was im Detail geschehen ist und was das bedeutet. Am Beispiel:
“Es wird Ihnen folgendes Fehlverhalten vorgeworfen: Wiederholtes, selbst verschuldetes Zuspätkommen um mindestens 30 Minuten an folgenden Tagen: 19. Mai 2020, 5. Juni 2020, 12. Juni 2020, 19. Juni 2020. Damit haben Sie gegen § 6 Ihres Arbeitsvertrages verstoßen.“
In einer Abmahnung geht es nicht nur darum, dass etwas falsch gemacht wurde, sondern vor allem darum, dass das Verhalten des/der Ermahnten korrekt bzw. vertragstreu sein soll. Meist wird hierzu eine Frist gesetzt.
„Wir erwarten, dass Sie Ihre Arbeitszeiten künftig einhalten und Ihre Arbeit pünktlich aufnehmen. Das gilt ab sofort.“
Zu alldem wird etwas Druck gemacht und mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen gedroht, für den Fall, dass sich der Verstoß wiederholt.
„Im Falle eines gleichartigen oder ähnlichen Verstoßes müssen Sie mit der Kündigung Ihres Arbeitsverhältnisses rechnen.“
Korrekt abmahnen – und zum richtigen Zeitpunkt
Arbeitgeber:innen haben es nicht immer leicht. Die Angestellten sind ernst zu nehmen – und doch muss an Vereinbarungen, Grenzen und Umgangston erinnert werden. Es verlangt zudem einiges an Fingerspitzengefühl, die passende Reaktion auf einen Verstoß zu finden. Und nicht zuletzt: Das Timing muss stimmen!
Wurde ein Vorfall einmal abgemahnt, so kann dieser nicht mehr als Kündigungsgrund herangezogen werden. Dazu müsste sich der Vorfall (und die Abmahnung) nun in ähnlicher Weise wiederholen. Damit hätte der/die Arbeitgeber:in mit einer schlichten Abmahnung das gesamte Pulver verschossen und auch bei gravierenden Verstößen nichts mehr gegen den/die Arbeitnehmer:in in der Hand.
Die Abmahnung sollte allerdings auch nicht zu lange hinausgezögert werden – das entwertet sie. Das ist auch arbeitsrechtlich so festgelegt: Nach 2–3 Jahren kann man sich bei erneutem Verstoß auch nicht mehr auf die vergangene Abmahnung berufen, da sie quasi verjährt ist (BAG, Urteil v. 16.9.2004, 2 AZR 406/03)
Es erinnert etwas an Kindeserziehung: Wer zu oft warnt und keine Konsequenzen folgen lässt, verliert an Wirkung. Wenn der/die Arbeitgeber:in also mehrfach Abmahnungen ausspricht und mit einer Kündigung droht, sollte dies auch ernst genommen werden und die Kündigung bei wiederholten Verstößen erfolgen.
Abgemahnt werden – und richtig reagieren
Als Arbeitnehmer:in trifft Sie die Abmahnung vielleicht aus heiterem Himmel. Es gibt etliche Betrachtungsweisen auf Ihr Verhalten und Ihr Verhältnis zur abmahnenden Partei. Fakt ist: vor Ihnen liegt nun diese Abmahnung. Was tun? Auf jeden Fall erst mal tief durchatmen und Ruhe bewahren.
Manchmal werden Sie direkt um Ihre Unterschrift gebeten. Hier gibt es einen relevanten Unterschied: Unbedenklich ist, den Erhalt der Abmahnung zu unterschreiben. Sie haben diese zur Kenntnis genommen. Kritisch wird es, wenn Sie die Abmahnung selbst unterschreiben sollen und damit als berechtigt erklären. Prüfen Sie den gesamten Sachverhalt und Ihre Möglichkeiten in Ruhe, bevor Sie das tun.
Nur wenn Ihrer Abmahnung eine Unterlassungserklärung samt Frist beiliegt, sollten Sie umgehend Rat einholen. Ansonsten können Sie sich erstmal Zeit lassen und gar nichts tun. Reagieren Sie nicht spontan oder emotionsgeladen, lassen Sie sich nicht provozieren. Sie haben eine gelbe Karte erhalten, spielen aber in Ihrem Tempo weiter mit.
Prüfen Sie anhand unseres Ratgebers, ob die Abmahnung gültig ist – also die geforderten Inhalte aufweist, gute Gründe nennt und diese ausführlich belegt. So können Sie selbst eine erste grobe Einschätzung abgeben. Gleichzeitig sollten Sie einen Experten kontaktieren, um Details, Rechtmäßigkeit und die nächsten Schritte zu besprechen.
Auch ein Gespräch mit dem/der Vorgesetzen zu suchen, kann eine Möglichkeit sein. Ob das im Bereich des Möglichen liegt, wissen Sie selbst am besten: Haben Sie ein grundsätzlich ein gutes Verhältnis zu Ihrem/Ihrer Vorgesetzen? Haben Sie ein klares Anliegen vorzutragen – ein Missverständnis bzgl. der Abmahnung klarstellt? Wenn ein wohlwollendes Gespräch denkbar ist, kann das ein guter Weg sein, eine friedliche Einigung zu finden.
Das ist die vehementeste Reaktion, die Sie wohl überlegt haben sollten. Wenn zum Beispiel die Abmahnung unberechtigt, der Sachverhalt falsch dargestellt ist oder Sie den Verstoß nicht begangen haben – dann sollten Sie mit einer Zurückweisung reagieren. Auch hierzu empfiehlt sich, vorher Expertenrat einzuholen.
In dieser Situation haben Sie zudem folgende rechtlichen Möglichkeiten:Sie fordern Ihre/n Arbeitgeber:in auf, die Abmahnung aus der Personalakte zu entfernen
Sie formulieren eine Gegendarstellung und reichen diese zur Personalakte (gemäß § 83 Abs. 1 BetrVG)
Sie reichen Beschwerde beim Betriebsrat ein wegen ungerechter Behandlung nach §§ 84, 85 BetrVG
Sie reichen eine Klage ein – auf Löschung bzw. Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte
Checkliste Abmahnung: Zunächst in Ruhe prüfen
Hier können Sie direkt abgleichen, ob die Ihnen vorliegende Abmahnung vollständig und rechtlich wirksam ist. Wichtig in jedem Fall: Sie muss eigenhändig von der/vom Verantwortlichen unterzeichnet sein.
Checkliste für eine AbmahnungMustervorlagen zum Download
Hier finden Sie als Arbeitgeber:in eine gültige und schlichte Vorlage, um eine rechtskräftige Abmahnung zu verfassen.
Mustervorlage Abmahnung durch Arbeitgeber:inAbmahnen, Recht behalten, Einigung finden
In der Zusammenarbeit kann es immer mal Reibung geben. Ein Verstoß kann unbeabsichtigt geschehen, dann reicht eine Ermahnung – eine kleine Rebellion kann auch mal in einem Gespräch geklärt werden. Sind die Spannungen größer und das Abmahnungsschreiben unterzeichnet, geht es schnell mal an die Substanz und der Job steht auf dem Spiel. Hier ist es ratsam, eine neutrale Partei dazu zu holen: sei es, um als Arbeitgeber:in den Weg der Abmahnungen bis zur Kündigung zu gehen oder als Arbeitnehmer:in souverän auf eine Abmahnung zu reagieren.