
Grundsteuerbescheide: Was Sie jetzt wissen müssen

Viele wurden von den erhöhten Grundsteuerbescheiden überrascht. Für den Einspruch dagegen ist die Frist meist abgelaufen. Wir zeigen auf, was Sie jetzt noch tun können.
Das Wichtigste in Kürze:
Die Frist für den Einspruch gegen die der Grundsteuer zugrunde liegenden Berechnungsfaktoren ist abgelaufen.
Widerspruch und Klage gegen den Grundsteuerbescheid selbst sind noch möglich.
Eine Besonderheit könnte sie vor höheren Grundsteuern schützen.
Steigende Belastung für Eigentümer durch die Grundsteuerreform
Die Neuberechnung der Grundsteuer hat für einige Eigentümer:innen zu einer starken Erhöhung geführt. Mitte des Jahres 2023 gab es laut dem Handelsblatt schon drei Millionen Einsprüche.
Viele legten nach dem Erhalt der ersten Bescheide, in dem der sogenannte Grundsteuerwert und der Grundsteuermessbetrag festgelegt worden sind, Einspruch ein. Dafür hatten Eigentümer:innen ab Erhalt des Schreibens einen Monat Zeit.
Zur Erklärung:
Grundsteuerwert: Der Grundsteuerwert (zuvor: Einheitswert) wird anhand verschiedener Faktoren des Grundstücks (Lage, Größe, Gebäude etc.) von den Finanzämtern an einem bestimmten Stichtag festgelegt. Der Wert muss nicht dem tatsächlichen Wert des Grundstücks entsprechen.
Grundsteuermessbetrag: Der Messbetrag ist ein rechnerisches Messinstrument, mit dem die zu zahlende Grundsteuer ermittelt wird.
Grundsteuerhebesatz: Den Hebesatz legt die einzelne Gemeinde fest. Dieser kann also je nach Bundesland sehr unterschiedlich ausfallen. Da die Grundsteuer neben der Gewerbesteuer ein wichtiges Einkommen für die Gemeinden spielt, fallen die Steuern in ärmeren Gemeinden häufig höher aus als in reicheren Gemeinden.
Die Berechnung:
Grundsteuerwert x Grundsteuermessbetrag x Hebesatz = Grundsteuer pro Jahr
Eigentlich sollten die Einheitswerte alle sechs Jahre neu bestimmt werden. Da dies aber viel Aufwand für die Kommunen ist, waren die Werte vor der Reform über 60 Jahre alt und damit völlig veraltet.
Einspruch eingelegt? Sonst Fristablauf
Haben Sie gegen den Bescheid beziehungsweise die Bescheide zu Grundsteuerwert und Grundsteuermessbetrag Einspruch beim Finanzamt eingelegt? Und wurde dabei das Ruhen des Verfahrens bis zu einer gerichtlichen Klärung beantragt, müssen Sie nichts weiter tun. Die Einsprüche werden vom Finanzamt abgearbeitet.
Haben Sie Ihren Einspruch allerdings damit begründet, dass Sie die neue Erhebung für nicht verfassungsgemäß halten, könnten Finanzämter eine Klärung durch den Bundesfinanzhof abwarten. So handhabt es beispielsweise das Saarländische Finanzamt.
Haben Sie gegen den Bescheid beziehungsweise die Bescheide keinen Einspruch eingelegt, ist das jetzt auch nicht mehr möglich. Denn die Frist hierzu betrug vier Wochen. Damit haben Sie die der Grundsteuer zugrunde liegenden Parameter (Grundsteuerwert und Grundsteuermessbetrag) akzeptiert.
Übrigens: Das Recherchenetzwerk Correctiv und die der Ratgeber Finanztip wollen die Reform kritisch begleiten. Daher bitten sie darum, den Bescheid auf Grundsteuer-CrowdNewsroom hochzuladen – das geht auch anonym. Dadurch soll geschaut werden, wo es wie teuer oder günstig geworden ist, ob alles fair abläuft und ob es in einzelnen Kommunen nicht zu versteckten Steuererhöhungen durch die Neuberechnung kommt.
Was Sie jetzt noch tun können
- 1.
Widerspruch gegen Grundsteuerbescheid:
Sie könnten allerdings noch dem Grundsteuerbescheid der Kommune widersprechen. Der Bescheid, der nun endgültig die Grundsteuer für Ihr Grundstück festlegt, wird von den Kommunen derzeit verschickt. Die Kommunen haben dazu bis Juni Zeit.Der Widerspruch hätte aber nur noch Erfolg, wenn die Kommune einen falschen Hebesatz angewendet oder Fehler bei der Berechnung der Grundsteuer gemacht hat.
Prüfen Sie also Ihren Bescheid, die vier Zahlen (Grundsteuerwert, Grundsteuermessbetrag, Hebesatz und Grundsteuerbetrag), ob die Kommune die Grundsteuer für Ihr Grundstück richtig berechnet hat.
Tipp: Übersteigt der neue Grundsteuerwert den Wert Ihrer Immobilie, können Sie dagegen vorgehen. Länder nehmen hier aber unterschiedliche Überschreitungen an. In Baden-Württemberg muss der neue Wert 30 Prozent über dem Grundstückswert liegen ((https://fm.baden-wuerttemberg.de/de/steuern/grundsteuer/faq-zur-grundsteuer). Woanders sind es 40 Prozent. Den Nachweis kannst Du durch den Kaufpreis fürs Grundstück erbringen oder ein Sachverständigengutachten. Das allerdings mehr als 1.000 Euro kostet.
- 2.
Härtefall?
Ist die Grundsteuer unzumutbar hoch und bedeutet die Erhöhung damit eine unbillige Härte? Dann könnte auch ein Erlass der Grundsteuer (§ 33 Grundstückssteuergesetz (https://www.gesetze-im-internet.de/grstg_1973/__33.html) beantragt werden.
Klage als letzter Ausweg
Vor dem Finanzgericht kann Klage gegen eine vermeintlich zu hohe Grundsteuer erhoben werden. Dabei wird geklärt, inwieweit der Gutachterausschuss, der die Bodenrichtwerte errechnete, korrekt gearbeitet hat. Wurde die Immobilienwertermittlungsverordnung richtig angewendet? Danach gilt nämlich der Bodenrichtwert der jeweiligen Zone für bestimmte Grundstücke wie Wald- und Wasserflächen nicht.
In einigen Verfahren wurde bereits die Verfassungsmäßigkeit der Landesgrundsteuer-Gesetze vor Gericht überprüft. In Baden-Württemberg haben die Richter:innen keine Verfassungswidrigkeit (AZ: 8 K 2368/22 ) angenommen. In Rheinland-Pfalz wurden dagegen ernste Zweifel daran gehegt, dass das Gesetz verfassungsmäßig ist (AZ: 4 V 1295/23 ).
Abzuwarten bleibt, ob und wie das Bundesverfassungsgericht entscheiden wird. Noch ist dort kein Verfahren anhängig. Und es wird wohl auch noch Jahre dauern, bis dort über die Gesetze zur Grundstückssteuer entschieden wird.
Hintergrund der Grundsteuerreform
Das Bundesverfassungsgericht entschied im Jahr 2018, dass die Einheitswerte von Grundstücken sich zu weit auseinander bewegt hätten. Die Werte seien veraltet und beruhten nicht mehr auf realitätsgerechten Einheitswerten. Bis Ende des Jahres 2024 hatte der Gesetzgeber Zeit, die Grundsteuer neu zu regeln. Wer jetzt also mehr zahlen muss, hat viele Jahre lang zu wenig gezahlt – und genau so andersherum.
Allerdings wird auch die Neuberechnung von Expert:innen bereits als verfassungswidrig erklärt.

Anna Kristina Bückmann
Mit ihrer journalistischen Erfahrung recherchiert sie interessante Rechtsthemen für meinrecht.de – und beantwortet diese mit ihrem Wissen als Volljuristin für Sie.