Arbeitsplatz-Abbau in Deutschland: Rechte und Chancen in unsicheren Zeiten

Lesezeit: 3 minArbeitsrecht
Eine Frau sitzt an einem Tisch mit Laptop und Handy, nachdenklich über ihre berufliche Zukunft. ©Dima Berlin - iStock

In Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit sind Kündigungen ein Thema, das viele Arbeitnehmer betrifft. Erfahren Sie, welche rechtlichen Schritte Sie bei einer Kündigung gehen können, ob Ansprüche auf Abfindung bestehen und wie Sie sich auf unsichere Zeiten in Ihrer Branche vorbereiten können.

Das Wichtigste in Kürze:

  • Kündigungen müssen sozial gerechtfertigt sein, sonst können Sie eine Kündigungsschutzklage einreichen.

  • Ein Anspruch auf Abfindung besteht nicht automatisch, sie werden oft individuell verhandelt.

  • Weiterbildung und Networking helfen, Unsicherheiten in der Branche zu meistern.

Warum Kündigungen immer häufiger werden

Die deutsche Wirtschaft befindet sich in einer Phase der Unsicherheit, die zahlreiche Branchen betrifft. Unternehmen wie ZF Friedrichshafen planen erhebliche Stellenstreichungen; allein hier sollen bis zu 14.000 Arbeitsplätze abgebaut werden. Auch andere große Arbeitgeber wie WV, SAP und Bosch haben ähnliche Maßnahmen angekündigt.

Kündigungsschutz: Diese Rechte sollten Sie kennen

Als Arbeitnehmer:in genießen Sie einen umfassenden Kündigungsschutz. Das Kündigungsschutzgesetz schützt Beschäftigte in Betrieben mit mehr als zehn Mitarbeiter:innen, sofern das Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate besteht.

Eine Kündigung muss sozial gerechtfertigt sein. Ist sie dies nicht, können Sie innerhalb von drei Wochen eine Kündigungsschutzklage erheben. Es ist wichtig zu beachten, dass eine Kündigung immer schriftlich erfolgen muss, um rechtswirksam zu sein.

Soziale Rechtfertigung: Beispiele aus der Praxis

Damit eine Kündigung sozial gerechtfertigt ist, muss der Arbeitgeber einen der folgenden Gründe nachweisen:

  • Betriebsbedingte Gründe (zum Beispiel Stellenabbau wegen wirtschaftlicher Probleme),

  • personenbedingte Gründe (dauerhafte Arbeitsunfähigkeit) oder

  • verhaltensbedingte Gründe (wiederholtes Fehlverhalten).

Beispiele:

Eine betriebsbedingte Kündigung akzeptierte das Bundesarbeitsgericht (BAG) beispielsweise in diesem Fall: Das Unternehmen musste aufgrund von Umsatzrückgängen mehrere Stellen abbauen. Das Gericht akzeptierte die Kündigung, da der Arbeitgeber eine korrekte Sozialauswahl (also nach Alter, Betriebszugehörigkeit und Unterhaltspflichten) vorgenommen hatte (AZ: 2 AZR 606/16).

Ein Beispiel für eine personenbedingte Kündigung ist ebenfalls ein Fall vor dem BAG. Darin entschieden die Richter:innen, dass eine Kündigung eines chronisch kranken Arbeitnehmers wirksam ist (AZ: 2 AZR 759/05). Der Mitarbeiter war dauerhaft nicht mehr in der Lage, seine vertraglich vereinbarte Tätigkeit auszuführen. Der Arbeitgeber konnte nachweisen, dass keine alternative Einsatzmöglichkeit für ihn bestand.

In einem anderen Fall vor dem Landesarbeitsgericht Nürnberg wurde eine verhaltensbedingte Kündigung für rechtens erkannt. Ein Mitarbeiter wurde nach wiederholten Abmahnungen wegen unentschuldigtem Fehlen und Missachtung betrieblicher Anweisungen gekündigt. Das Gericht bestätigte die Kündigung, da das Verhalten die Zusammenarbeit nachhaltig störe (AZ: 7 Sa 473/20).

Fehlt eine dieser Begründungen oder ist sie nicht ausreichend, kann die Kündigung unwirksam sein, und der Arbeitnehmende hat die Möglichkeit, eine Kündigungsschutzklage einzureichen.

Abfindungen: Womit können Sie rechnen?

Ein gesetzlicher Anspruch auf eine Abfindung besteht in Deutschland nicht automatisch. Häufig werden jedoch im Rahmen von Aufhebungsverträgen oder Sozialplänen Abfindungen angeboten. Die Höhe orientiert sich oft an der Faustformel: ein halbes Bruttomonatsgehalt pro Beschäftigungsjahr. Dennoch können individuelle Vereinbarungen hiervon abweichen. Es ist ratsam, vor Unterzeichnung eines Aufhebungsvertrags rechtlichen Rat einzuholen, um Nachteile zu vermeiden.

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Vorsicht bei Aufhebungsverträgen

Wird Ihnen ein Aufhebungsvertrag angeboten, sollten Sie nicht vorschnell handeln. Lassen Sie sich nicht unter Druck setzen und wägen Sie sorgfältig ab. Unterschreiben sollten Sie den Aufhebungsvertrag auf keinen Fall sofort. Ziehen Sie bestenfalls eine Anwältin oder einen Anwalt hinzu, der Ihnen bei der Entscheidung hilft und Ihnen die Auswirkungen erklärt.

Mehr arbeitsrechtliche Streitigkeiten

Die aktuelle Wirtschaftslage führt zu einer Zunahme von Arbeitsrechtsstreitigkeiten. Rechtsschutzversicherer verzeichnen einen Anstieg von Fällen im Arbeitsrecht bis zu 18 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Der Anstieg macht deutlich, dass es wichtig ist, sich rechtzeitig über die eigenen Rechte zu informieren und gegebenenfalls rechtliche Unterstützung in Anspruch zu nehmen.

Strategien für Arbeitnehmer:innen in unsicheren Branchen

  1. 1.

    Frühzeitig informieren: Setzen Sie sich über die wirtschaftliche Lage Ihres Arbeitgebers und Ihrer Branche in Kenntnis.

  2. 2.

    Weiterbilden: Nutzen Sie Weiterbildungsangebote, um Ihre Qualifikationen zu erweitern und Ihre Beschäftigungsfähigkeit zu erhöhen.

  3. 3.

    Netzwerken: Pflegen Sie berufliche Kontakte, um im Falle einer Kündigung schneller neue Möglichkeiten zu finden.

  4. 4.

    Rechtlich beraten: Suchen Sie bei Unsicherheiten rechtlichen Rat, um Ihre Position zu stärken und Fehlentscheidungen zu vermeiden.

Fazit: Rechte kennen und rechtzeitig handeln

In Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit ist es für Arbeitnehmer:innen unerlässlich, ihre Rechte zu kennen und proaktiv Maßnahmen zu ergreifen. Durch rechtzeitige Information, Weiterbildung und rechtliche Beratung können Sie Ihre Position stärken. Herausforderungen auf dem Arbeitsmarkt können Sie dadurch mit mehr Zuversicht begegnen.

Anna Kristina Bückmann

Anna Kristina Bückmann

Mit ihrer journalistischen Erfahrung spürt sie spannende Rechtsthemen für meinrecht.de auf und beantwortet sie durch ihr Wissen als Volljuristin für die Leser:innen.

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