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Benko und die Signa-Krise: Fünf Rechte von Arbeitnehmern bei Insolvenz
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Die Pleite der Signa Holding und die Verhaftung des Immobilienunternehmers René Benko haben auf dem instabilen deutschen Arbeitsmarkt zu weiterer Unsicherheit geführt. Was können Arbeitnehmer tun, wenn sie von einer Insolvenz betroffen sind?
Das Wichtigste in Kürze:
Als Arbeitnehmer:in haben Sie bei einer Insolvenz bestimmte Rechte.
Sie können Insolvenzgeld bei der Agentur für Arbeit beantragen.
Auch in der Insolvenz gelten Kündigungsfristen.
Was bedeutet Insolvenz?
Eine Insolvenz tritt ein, wenn ein Schuldner zahlungsunfähig ist und seine Verpflichtungen gegenüber seinen Gläubigern nicht mehr nachkommen kann. Auf Antrag wird ein Insolvenzverfahren eröffnet. Der Schuldner kann dann nicht mehr frei über sein Vermögen verfügen. Stattdessen bestellt das Gericht einen Insolvenzverwalter.
Ziel der Insolvenz ist es, das insolvente Unternehmen oder die insolvente Person wieder zahlungsfähig zu machen. Gelingt dies nicht, wird versucht, zumindest Geschäftspartner:innen, Arbeitnehmer:innen und Kund:innen auszuzahlen. Dafür wird ein Insolvenzplan aufgestellt und die Gläubiger werden nach einer bestimmten Rangfolge befriedigt. Doch oft bleibt nicht genug, um alle Forderungen vollständig zu begleichen.
Auswirkung der Insolvenz auf Arbeitnehmer
Für Sie als Arbeitnehmer:in bedeutet eine Insolvenz möglicherweise, Ihren Job zu verlieren.
Wichtig: Eine Insolvenz bedeutet nicht zwingend Ihre Kündigung. Und auch während des Insolvenzverfahrens gelten für Kündigungen bestimmte Regeln.
Dennoch: Insolvenzen sind für Arbeitnehmende mit großer Unsicherheit verbunden – drohende Arbeitslosigkeit, finanzieller Ausfall und Kündigung, all das birgt Gefahren für Ihre Existenz.
Doch auch im Falle einer Insolvenz haben Sie als Arbeitnehmer:in bestimmte Rechte:
1. Informationspflicht des Arbeitgebers
Ihr Arbeitgeber muss Sie und gegebenenfalls den Betriebsrat spätestens zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens über die Zahlungsunfähigkeit informieren.
2. Anspruch auf Lohn
Auch in der Insolvenz haben Sie grundsätzlich Anspruch auf Ihr Gehalt. Zahlt Ihr Arbeitgeber nicht, sollten Sie sie oder ihn schriftlich zur Zahlung auffordern.
3. Insolvenzgeld beantragen
Sie haben als Arbeitnehmer:in Anspruch auf Insolvenzgeld. Dieses wird von der Bundesagentur für Arbeit gezahlt, jedoch längstens für drei Monate. Im Anschluss haben Sie entweder einen neuen Job oder müssen Arbeitslosengeld beantragen. Das Geld entspricht Ihrem Nettoeinkommen. Es wird in der Regel für die letzten drei Monate vor der Insolvenzeröffnung gezahlt. Wichtig ist, dass der Insolvenzantrag gestellt und das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist.
4. Für Kündigungen gibt es Fristen
Bei einer Insolvenz droht nicht automatisch die Kündigung. Aber der Insolvenzverwalter kann zum Beispiel betriebsbedingte Kündigungen aussprechen, wenn ein Standort aufgrund der Zahlungsunfähigkeit geschlossen werden muss oder Aufträge ausbleiben. Aber selbst bei einer Insolvenz bleibt eine Kündigungsfrist von drei Monaten bindend (§ 113 InsO).
5. Betriebsübergang: Sie gehen mit
Im Falle eines Betriebsübergangs bei einer Insolvenz gehen die Arbeitsverhältnisse auf den Erwerber über. Das bedeutet, dass Ihr Arbeitsverhältnis mit dem Käufer des Unternehmens oder eines Unternehmensteils weiter fortbesteht – so wie auch Ihre Arbeitsbedingungen.
Tipps für Arbeitnehmer
Melden Sie sich direkt nach der Insolvenzanmeldung bei der Arbeitsagentur. Sie kann dabei helfen, schnell einen neuen Job zu finden.
Auch sollten Sie an ein Arbeitszeugnis denken. Ein solches muss Ihnen der Arbeitgeber im Falle einer Insolvenz ausstellen. Endet Ihr Arbeitsverhältnis vor der Insolvenz, richten Sie sich mit Ihrer Bitte nach einem Arbeitszeugnis an Ihren Arbeitgeber. Endet Ihr Arbeitsverhältnis nach der Insolvenz, ist der Insolvenzverwalter Ihr Ansprechpartner.
Wichtig: Es ist ratsam, dass Sie im Falle einer Insolvenz nicht einfach aufhören zu arbeiten. Um Ihren Anspruch auf Ihr Gehalt zu behalten, sollten Sie auch bei Ausbleiben des Lohns eine gewisse Zeit lang weiterarbeiten. Wie lang dieser Zeitraum ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Zwei bis drei Monate ohne Gehalt sollten Sie aber abwarten und weiter bei der Arbeit erscheinen.
Was wird aus Urlaub und Überstunden bei Insolvenz?
Ihr Urlaubsanspruch behalten Sie übrigens auch im Falle einer Insolvenz. Ist Ihr Urlaub bereits genehmigt worden, nehmen Sie diesen wie gewohnt. Haben Sie Fragen rund um Ihren Urlaub, dann wenden Sie sich an den Insolvenzverwalter. Er übernimmt die Rolle Ihres Arbeitgebers nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens.
Jetzt Arbeitszeugnis prüfen
Zu Ihren geleisteten Überstunden gilt: Wurden diese vor der Insolvenz geleistet, haben Sie einen Anspruch auf Lohnforderung. Aber natürlich kommt es darauf an, wie viel Geld in der Insolvenzmasse verbleibt. Überstunden, die nach dem Insolvenzantrag entstehen, werden in der Regel nicht mehr vergütet.
Hintergrund: Die Benko-Affäre und die Krise der Signa Holding
Es gilt als einer der spektakulärsten Pleitefälle in Europa: Der Ex-Investor und Gründer der österreichischen Signa Holding soll Investoren betrogen, Insolvenzen verschleppt und Vermögen veruntreut haben. Im Januar wurde er verhaftet. Seine Untersuchungshaft wurde nun verlängert.
Was bedeutet die Pleite der Signa-Gruppe für den deutschen Arbeitsmarkt?
Sein Unternehmen, die Signa Holding, war seit dem Jahr 2011 vermehrt auch am deutschen Immobilien- und Handelsmarkt tätig – 2013 und 2018 kaufte sie die Warenhausunternehmen Karstadt und Galeria Kaufhof auf.
Ende November 2023 meldete die Signa-Gruppe dann Insolvenz an und mit ihr auch zahlreiche Tochterunternehmen. Als Grund wurde angegeben, die Investitionen der Gruppe hätten nicht den erwarteten Erfolg gebracht. Der Druck im Einzelhandel sei groß. Nach Schätzungen der „TextilWirtschaft“ wurden seitdem 133 Signa-Gesellschaften in Österreich, Deutschland, der Schweiz und Luxemburg zahlungsunfähig.
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Anna Kristina Bückmann
Mit ihrer journalistischen Erfahrung recherchiert sie interessante Rechtsthemen für meinrecht.de – und beantwortet diese mit ihrem Wissen als Volljuristin für Sie.