Schnelleres Internet: Besteht ein Zwang für Glasfaser?

Von Lilly KeymelLesezeit: 4 min13.04.2025
Drückerkolonne, ein Vertreter für den Glasfaserausbau steht vor einer Eingangstüre.©sturti - iStock

Der Glasfaserausbau soll für schnelleres Internet sorgen. Vertreter klingeln an Haustüren, um Verbraucher anzuwerben. Aber: Müssen Sie umsteigen?

Ist ein Glasfaseranschluss sinnvoll?

Durch den gesteigerten Internet-Konsum, zum Beispiel beim Streaming oder Video-Telefonieren, steigt der Bedarf an einem schnellen Internet immer weiter an. Ein Glasfaseranschluss rüstet Sie für die benötigten Bandbreiten – also wie viele Datenmengen pro Sekunde empfangen und versendet werden können.

Vermutlich werden die bisherigen Bandbreiten durch Kupferleitungen in Zukunft nicht mehr ausreichen. Auch wird hier von der „Shared medium Problematik“ gesprochen. Schnelles Internet wird langsamer, weil mehrere Haushalte an das Kabel angeschlossen sind. Glasfaser löst dieses Problem aufgrund seiner deutlich höheren Leistungsfähigkeit.

Übrigens: Über Glasfaser können Daten in Form von Lichtsignalen besonders schnell übertragen werden, nahezu in Lichtgeschwindigkeit. Damit unterscheiden sie sich von den klassischen Kupferleitungen, bei denen Daten über elektronische Signale übertragen werden.

Die Anschlüsse müssen aber zunächst in die Häuser verlegt werden, ähnlich wie bei Wasser und Gas.

Drucksituation: Aufdringliche Vertreter an der Haustür?

Um den Glasfaserausbau voranzutreiben, bedient sich die Telekom und ihr Tochterunternehmen Magenta an externen Hilfspersonen. Der Telekom gehörten nach eigenen Angaben Ende des Jahres 2024 insgesamt 770.000 Kilometer und damit mit Abstand das größte Glasfasernetz.

Teils wurde von sogenannten Drückerkolonnen berichtet. Sie gehen von Haustür zu Haustür, um potenziellen Kund:innen einen neuen Glasfaseranschluss schmackhaft zu machen.

Die Vertreter:innen fallen insbesondere durch ihre sehr direkte und teils bedrängende Vertriebsweise auf. Angeblich soll es kein Internet mehr geben, wenn sich gegen den Glasfaseranschluss entscheidet, berichten Mitglieder der MEINRECHT-Redaktion.

Verschwindet das bisherige Internet?

Verbraucher:innen wird weis gemacht, dass sie kein Internet mehr haben werden, wenn sie den Glasfaseranschluss ablehnen. Hintergrund ist die sogenannte „Gigabitstrategie“ der Bundesregierung.

Diese sieht vor, die Bevölkerung umfassend mit Highspeed-Internet auszustatten und setzt dafür auf den Glasfaserausbau. Geplant ist ein vollständiger Ausbau bis zum Jahr 2030. Dann könnten auch DSL-Leitungen abgeschaltet werden, weil der Betrieb zweier Leitungen unwirtschaftlich wäre.

Ergebnis: Ihre bisherige Internetleitung kann also nur dann abgeschaltet werden, wenn Sie tatsächlich einen Zugriff auf eine neue Glasfaserleitung haben.

Beratung vor Ort

Die Telekom rechtfertigt die Praxis gegenüber einer Tageszeitung mit einer Marktforschungsstudie. Diese habe gezeigt, dass viele Menschen gar nicht von dem Glasfaser-Anschluss wüssten und deshalb nicht umsteigen würden. Das Unternehmen setze daher auf die Beratung vor Ort. Beschwerden über aufdringliche Vertreter wolle die Telekom nachgehen, so eine Unternehmenssprecherin gegenüber der „WAZ“.

Der Telekom kommt es bei ihrem Vorhaben also darauf an, erst einmal genug Interessent:innen zu sammeln, um den Ausbau durchsetzen zu können. Lehnen Sie den Anschluss ab, wird dadurch nur der Ausbau an sich erschwert oder sogar verhindert. Eine Auswirkung auf Ihren bisherigen Internetanschluss hat dies nicht.

Besteht ein Zwang für Glasfaser?

Ob Drückerkolonne oder nicht: Sie müssen keinen Glasfaser-Vertrag unterzeichnen. Schon gar nicht sofort. Auch wenn die Kosten für den Ausbau (diese reichen bis zu 2.000 Euro) vom Telekommunikationsanbieter wie der Telekom, Vodafone und Co. übernommen werden: Prüfen Sie in jedem Fall, ob sich das Angebot wirklich lohnt. Vergleichen Sie dazu Preise im Internet.

Die Verbraucherzentrale rät, erst einmal um ein schriftliches Angebot zu bitten. So können Sie in Ruhe die Preise und Bedingungen vergleichen. Vernünftige Vertreter:innen akzeptieren Bedenkzeit.

Glasfaser-Verträge: Wie verhalten Sie sich richtig?

Die besagten Drückerkolonnen können zum Teil sehr einschüchternd und aufdringlich wirken.

  1. 1.

    Bleiben Sie ruhig und weisen Sie darauf hin, dass kein Interesse an dem Angebot besteht.

  2. 2.

    Ohne Ihre Erlaubnis ist es den Vertreter:innen nicht gestattet, Ihr Haus oder Ihre Wohnung zu betreten.

  3. 3.

    Bitten Sie um ein schriftliches Angebot.

Ungewollt unterschrieben? Sie haben ein Widerrufsrecht

Haben Sie etwas unterschrieben, obwohl Sie dies gar nicht wollten? Da der oder die Vertreter:in an Ihrer Haustür geklingelt und Sie hier unterschrieben haben, greift ein Widerrufsrecht. Den Vertrag können Sie innerhalb von zwei Wochen widerrufen.

Gleiches gilt, wenn Sie den Vertrag über das Internet abgeschlossen haben sollten. Ein Widerrufsrecht steht Ihnen allerdings nicht zu, wenn Sie den Vertrag in einer Telekom-Filiale abschließen. Die Widerrufsfrist beginnt mit Abschluss des Vertrages, also mit der Zusendung der Auftragsbestätigung.

Wichtig: Schließen Sie als Mieter:in einen Glasfaser-Vertrag ab, hängt der Ausbau letztendlich von der Zustimmung der Eigentümerin oder des Eigentümers ab. Treten Sie also am besten gleich mit Ihrem Vermieter oder Ihrer Vermieterin oder der Wohnungsverwaltung in Kontakt, wenn Sie einen Glasfaseranschluss wünschen.

Kündigung von unterschriebenen Glasfaser-Verträgen

Ist die Widerrufsfrist bereits abgelaufen und haben Sie wirklich kein Interesse an dem Glasfaserausbau, können Sie nur noch kündigen. Beachten Sie die Kündigungsfrist. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass diese schon mit Erhalt der Auftragsbestätigung beginnt und nicht erst mit Beginn der Ausbauarbeiten (AZ.: VIII ZR 14/12).

Fazit: Glasfaserausbau: gute Strategie – aber nicht unter Druck

Grundsätzlich bedeutet der Glasfaserausbau nichts Schlechtes. Wegen der „Gigabitstrategie“ der Bundesregierung wird er über kurz oder lang auf jeden zukommen. Trotzdem müssen Sie nicht von heute auf morgen umsteigen. Erst recht nicht, ohne sich vorher verschiedene Alternativen angeschaut zu haben.

Lassen Sie sich also nicht von „Drückerkolonnen“ oder sonstigen mehr oder weniger Glasfaser-Vertreter:innen in die Enge treiben. Sie sind nicht gezwungen, den Wechsel sofort mitzumachen und sollten darüber in Ruhe nachdenken und selbstständig entscheiden.

MietrechtSonstiges
Lilly Keymel

Lilly Keymel

Steht kurz vor dem ersten juristischen Staatsexamen und hat schon zu Schulzeiten großen Gefallen am Recherchieren und Schreiben gefunden. In juristischen Themen ist sie zu Hause und ergänzt damit perfekt das Autor:innenteam von MEINRECHT.

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