Ist das wirklich wahr? Fünf Rechtsmythen im Check
Auffahrende haben immer Schuld. Verträge kann man immer widerrufen. Oder doch nicht? Manche Rechtsirrtümer halten sich hartnäckig. Wir haben für Sie fünf Rechtsmythen richtiggestellt.
Das Wichtigste in Kürze:
Nicht jeder Vertrag lässt sich widerrufen.
Bei einer Scheidung kommt es darauf an, ob diese einvernehmlich oder streitig ist.
Auf bestimmte Fragen im Vorstellungsgespräch dürfen Sie lügen.
1. Wer auffährt, hat immer Schuld
Im Straßenverkehr ist es eine weitverbreitete Auffassung: Wer auffährt, der ist schuld. Aber stimmt das tatsächlich?
Tatsächlich ist es so, dass gegen diejenige oder denjenigen, die oder der aufgefahren ist, der sogenannte Beweis des ersten Anscheins spricht. Denn es leuchtet erst einmal ein, dass die Person, die aufgefahren ist, nicht genügend Abstand zum vorausfahrenden Auto gehalten oder nicht schnell genug gebremst hat.
Doch, wer bei einem Auffahrunfall schuld ist, richtet sich danach, wie der Unfall tatsächlich abgelaufen ist. Und das ist umfassend zu prüfen. Unfallgutachter von Dekra und Co. wissen, dass diese Frage meist nicht so einfach zu beantworten ist.
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Kann man tatsächlich beweisen, dass die oder der Vorausfahrende beispielsweise defekte Bremslichter hatte, kann man den Beweis des ersten Anscheins widerlegen. Dann ergibt sich mitunter eine Mitschuld des Vorausfahrenden oder bei ihm liegt sogar die gesamte Schuld. Ausreichend Abstand zum vorausfahrenden Auto sollten Sie aber in jedem Fall einhalten.
2. Eine Scheidung ist einvernehmlich ohne Anwalt möglich
Nicht immer endet eine Ehe im Streit. Wie ist das also, wenn sich beide Ehegatten einvernehmlich zur Scheidung entschließen. Da bräuchte es doch eigentlich gar keinen Anwalt – oder doch?
Leider ja. In Deutschland gilt im Falle einer Scheidung Anwaltszwang. Selbst dann, wenn die Eheleute sich im Guten und einvernehmlich trennen, müssen Sie einen Anwalt einschalten, der sie bei der Scheidung vertritt. Sonst ist die Scheidung nicht gültig.
Allerdings reicht es bei einer einvernehmlichen Scheidung aus, wenn ein Anwalt eingeschaltet wird. Den Anwalt braucht derjenige Ehegatte, der die Scheidung einreicht. Bei einer streitigen Scheidung hingegen muss jeder Ehegatte einen Anwalt haben.
3. Sie dürfen im Vorstellungsgespräch nicht lügen
Die zukünftige Chefin oder den Chef im Vorstellungsgespräch anlügen? Das geht doch nicht! Oder doch? Doch, es geht! Und zwar auf Fragen, die die oder der zukünftige Vorgesetzte gar nicht hätte stellen dürfen.
Der Arbeitsvertrag
Aus welchen Einzelteilen sich ein Vertrag zusammensetzt und welche Fallen und Folgen es dabei zu beachten gilt, erfahren Sie in diesem Ratgeber.
So darf im Vorstellungsgespräch zum Beispiel nicht nach der Familienplanung gefragt werden. Auf die Frage: „Sind Sie schwanger?“, dürfen Sie also auch während einer Schwangerschaft ganz beruhigt mit einem Nein antworten.
4. Sie müssen sich jederzeit ausweisen können
Anders als man häufig hört, gibt es in Deutschland keine Pflicht, seinen Personalausweis immer und überall mit sich zu führen. Zwar steht in § 1 Personalausweisgesetz, dass es eine Ausweispflicht gibt. Das bedeutet aber nur, dass jeder Mensch ab 16 Jahren einen Ausweis besitzen muss. Immer und überall ausweisen muss man sich deswegen nicht.
Wenn Sie sich bei einer Polizeikontrolle aber nicht ausweisen können, werden Sie die Beamten unter Umständen bitten, mit auf die Wache zu kommen. Die Mitnahme des Ausweises kann also hilfreich sein.
5. Sie können jeden Vertrag innerhalb von zwei Wochen widerrufen
Schnell ist die Unterschrift gesetzt. Wenn man einen Vertragsschluss bereut, kann man ihn ja widerrufen. Ganz so leicht ist das leider nicht. Denn das gesetzliche Widerrufsrecht gilt nur bei bestimmten Verträgen.
Das sind unter anderem solche Verträge, die online oder am Telefon (sogenannte Fernabsatzverträge), an der Haustür (Haustürgeschäft) abgeschlossen worden sind oder bei denen es sich um Finanzierungsverträge handelt.
Online-Vertragsprüfung
Mit der Online-Vertragsprüfung haben Sie die Möglichkeit, Verträge durch unabhängige Rechtsanwälte prüfen zu lassen.
Ansonsten greift in der Regel kein Widerrufsrecht – außer, ein solches wurde vertraglich eingeräumt.
Anna Kristina Bückmann
Mit ihrem Fachwissen als Volljuristin beantwortet sie für meinrecht.de die alltäglichen Rechtsfragen unserer Leser:innen.