BGH zu Schadensersatz wegen Facebook-Datenleck: Niedrige Hürden – niedrige Summen

Lesezeit: 3 minDatenschutzrecht
Frau schaut ob sie von der Facebook-Datenpanne betroffen ist.©Jacob Wackerhausen - iStock

Vor den deutschen Gerichten sind Tausende Schadensersatzklagen wegen des Facebook-Datenlecks anhängig. Jetzt sprach der Bundesgerichtshof in seinem ersten Leitentscheidungsverfahren ein wegweisendes Urteil – und stellte Betroffenen einen doch sehr geringen Schadensersatz in Aussicht.

Das Wichtigste in Kürze:

  • Der reine Kontrollverlust der eigenen Daten reicht für einen Schadensersatzanspruch aus.

  • Anspruchsberechtigt sind demnach alle Betroffenen des Datenlecks von Facebook.

  • Die Schadenssumme fällt mit rund 100 Euro unerwartet gering aus.

Facebook-Datenleck: Kein Nachweis von Missbrauch der Daten nötig

Für Betroffene, die Schadensersatz von Facebook wegen des Datenlecks 2021 erstreiten wollen, sind die Hürden niedriger geworden – aber wohl auch der zu erwartende Schadensersatz. Wie der Bundesgerichtshof (BGH) am Montag entschieden hat, reicht schon der Kontrollverlust über die eigenen Daten aus, um einen solchen immateriellen Schadensersatzanspruch zu begründen (Az. VI ZR 10/24).

In der vom Gericht veröffentlichten Pressemitteilung heißt es:

…kann auch der bloße und kurzzeitige Verlust der Kontrolle über eigene personenbezogene Daten infolge eines Verstoßes gegen die Datenschutz-Grundverordnung ein immaterieller Schaden im Sinne der Norm sein. Weder muss insoweit eine konkrete missbräuchliche Verwendung dieser Daten zum Nachteil des Betroffenen erfolgt sein noch bedarf es sonstiger zusätzlicher spürbarer negativer Folgen.“

Betroffene müssen also nur nachweisen, dass Sie Opfer des Datenlecks waren. Nötig ist kein Nachweis über einen tatsächlichen Missbrauch der eigenen Daten – wie beispielsweise tonnenweise Spams im Mailfach – oder ein Leben in Angst und Sorge, Therapiekosten etc. So hatten es vielfach bislang die Gerichte für einen Schadensersatzanspruch nach der Datenschutzgrundverordnung für erforderlich gehalten.

Von einem immateriellen Schaden spricht man immer dann, wenn es nicht um das Vermögen geht, sondern um Verletzungen der Ehre, Freiheit oder des Körpers.

Das Urteil erging in dem ersten sogenannten Leitendscheidungsverfahren des BGH. Untere Gerichte, vor denen Tausende solcher Verfahren von Facebook-Nutzer:innen anhängig sind, können sich jetzt an diesem Urteil orientieren.

Millionen Menschen waren von dem Datenleck 2021 betroffen.

Schadenssumme von 100 Euro

Die Hürden, um einen immateriellen Schadensersatzanspruch geltend zu machen, sind also niedrig. Ebenso niedrig ist allerdings auch die Höhe des Schadensersatzes. Die Richter:innen sprachen bei einem reinen Kontrollverlust wie in dem zu entscheidenden Fall von einer Schadenshöhe von rund 100 Euro.

Zum Teil lockten Kanzleien mit Schadensersatzsummen in Höhe von bis zu 1.000 Euro. Die dürften nach dem Urteil aus Karlsruhe aber nun deutlich geringer ausfallen. Eine Kanzlei bietet Betroffenen an, die Forderungen gegen Facebook für 25 Euro abzukaufen, wenn diese nicht rechtsschutzversichert sind.

Wussten Sie: Besteht eine Rechtsschutzversicherung, liegt die Selbstbeteiligung meist bei 150 bis 300 Euro. In Höhe dieser Kosten geht man zunächst in Vorkasse, kann diese aber, sollte man das Verfahren gewinnen, am Ende von der Gegenseite zurückfordern. Die Verfahrensdauer bei zivilrechtlichen Streitigkeiten vor den Amtsgerichten betrug laut dem Statistischen Bundesamt im Jahr 2023 durchschnittlich 5,4 Monate, am Landgericht waren es 12,1 Monate und bei den Oberlandesgerichten 12,2 Monate.

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OLG Köln muss noch entscheiden

Tatsächlich ist die Entscheidung des BGH aber nur eine Richtschnur. In dem konkreten Fall muss nun das Oberlandesgericht Köln über die Klage eines Facebook-Nutzers entscheiden, ob es ebenfalls einen Schaden bejaht – und wie hoch der Schadensersatzanspruch ausfallen soll. Die BGH-Richter:innen gaben dem OLG aber unter anderem den Hinweis, dass „keine Bedenken dagegen bestünden, den Ausgleich für den bloßen Kontrollverlust in einer Größenordnung von 100 € zu bemessen.“

In dem Verfahren geht es um die Schadensersatzklage eines Mannes, dessen Name, Arbeitsstätte, Geschlecht und Telefonnummer beim Facebook-Datenleck abgegriffen und veröffentlicht worden waren. Der Mann ist der Auffassung, Facebook habe nicht genügend Sicherheitsmaßnahmen ergriffen, um seine Daten zu schützen. Ihm stehe wegen des erlittenen Ärgers und des Kontrollverlusts über seine Daten Ersatz für immaterielle Schäden zu.

Millionen Daten bei Facebook abgegriffen

Über die Funktion zur Freundessuche hatten Unbekannte Millionen Nutzer:innendaten aus mehreren Ländern abgegriffen. Allein in Deutschland sollen es sechs Millionen Betroffene sein. Die Daten wurden 2021 ins Netz geladen.

Tausende Schadensersatzklagen anhängig

Vor deutschen Gerichten sind Tausende Schadensersatzklagen wegen der Facebook-Datenpanne anhängig. Die Gerichte haben dabei bislang ganz unterschiedlich entschieden, eher wurden Schadensersatzansprüche bei einem reinen Kontrollverlust aber verneint.

Ratgeber

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Anna Kristina Bückmann

Anna Kristina Bückmann

Mit ihrem Fachwissen als Volljuristin beantwortet sie für meinrecht.de die alltäglichen Rechtsfragen unserer Leser:innen.

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