Als „Penner“ beschimpft: Zerrüttetes Mietverhältnis allein reicht nicht für fristlose Kündigung
Zwischen Mietern und Vermietern kommt es häufiger zum Streit – vor allem, wenn sie unter einem Dach wohnen. Wann ein Clinch eine fristlose Kündigung rechtfertigt, hat der Bundesgerichtshof entschieden.
Das Wichtigste in Kürze:
Ein zerrüttetes Mietverhältnis zwischen Mieter:in und Vermieter:in allein genügt nicht für eine fristlose Kündigung.
Mieter:innen müssen zum Streit zumindest maßgeblich durch ein Verschulden beigetragen haben.
Eine Strafanzeige gegen die Vermieterin/den Vermieter allein reicht nicht für eine fristlose Kündigung aus.
Wenn die Nase des Mieters nicht (mehr) passt
Das Verhältnis zwischen Mieter:innen und ihrem/ihrer Vermieter:in ist ähnlich empfindlich wie das zwischen Arbeitnehmenden und Ihren Arbeitgeber:innen. Man freut sich, wenn alles gut läuft. Umso schlimmer ist es, wenn es das nicht tut. Denn wie auf der Arbeit als auch zu Hause möchte man sich vor allem eines: wohlfühlen.
Doch was ist, wenn das Mietverhältnis über Jahre lang nicht gut läuft, der/dem Vermieter:in die Nase der Mieter:in nicht (mehr) gefällt? Reicht das aus für eine fristlose Kündigung?
Mietnebenkostenprüfung
BGH: Verschulden entscheidend für fristlose Kündigung
Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) gibt mehr Klarheit. Die Richter:innen in Karlsruhe hatten über die fristlose Kündigung einer mehrköpfigen Familie zu entscheiden. Die Vermieter, die im Erdgeschoss ihres Mehrfamilienhauses wohnten, kündigten der Familie fristlos. Die Familie wohnte im ersten Geschoss über ihnen. Vor dem Amtsgericht Köln-Brühl klagten die Hauseigentümer auf Räumung und Herausgabe der Wohnung.
Seit 2011 wohnte die Familie in dem Haus in Köln. 2014 kam es dann zum Streit zwischen ihnen und den Vermietern. Der Streit hielt über mehrere Jahre an. Mieter:innen und Vermieter stritten um die Einhaltung der Hausordnung, die Mülltrennung. Daneben – so die Familie – hätten die Vermieter das Auto der Mutter regelmäßig zugeparkt.
Bezeichnung als „Penner“ führt zu Strafanzeige
Seinen Höhepunkt erreichte der Streit, als die Familie Strafanzeige gegen ihre Vermieter wegen Verleumdung bei der Polizei erstattete. Die Vermieter hätten einer anderen Familie im Haus mit türkischen Wurzeln gegenüber erwähnt, dass sich die Mieter:innen im ersten OG rassistisch über sie geäußert hätten. Daneben habe der Vermieter ein Familienmitglied als „Penner“ bezeichnet und die Mutter als „asozial“ betitelt, da sie mehrere Kinder hat.
Nach der Strafanzeige kündigten die Vermieter der Familie in der 4-Zimmerwohnung fristlos und reichten Klage auf Räumung und Herausgabe der Wohnung ein. Doch vor den Gerichten bekamen sie kein Recht. Auch der BGH entschied gegen die Vermieter und wies die Revision gegen das Urteil des Landgerichts Köln ab (Az: VIII ZR 211/22).
Zerrüttung nicht ausreichend für Kündigung
Dass das Mietverhältnis zwischen Mieter:in und Vermieter:in zerrüttet ist, reiche allein nicht aus für eine fristlose Kündigung. Dies gelte zumindest dann, wenn nicht festgestellt werden kann, dass die Zerrüttung zumindest auch durch ein pflichtwidriges Verhalten der Mieter:in verursacht worden ist. Mieter:innen müssen das zerrüttete Verhältnis also zumindest auch zu verschulden haben.
Strafanzeige gegen Vermieter rechtfertigt nicht zwingend fristlose Kündigung
Eine Strafanzeige allein rechtfertige nicht zwingend eine fristlose Kündigung. Es sei immer eine Abwägung im Einzelfall, so die Richter:innen. Anders ist das, wenn die Strafanzeige grundlos gestellt worden ist, bei einer wissentlich unwahren Anzeige oder wenn die Anzeigenden leichtfertig falsche Angaben gemacht haben.
Der Familie aus Brühl konnte der BGH all das nicht nachweisen. Zwar sei das Vertrauensverhältnis zwischen der Familie und den Vermietern zerrüttet. Die Vermieter hätten aber nicht nachweisen können, dass ein pflichtwidriges Verhalten der Mieter:innen maßgeblich zu dem schlechten Verhältnis beigetragen habe.
Anna Kristina Bückmann
Mit ihrem Fachwissen als Volljuristin beantwortet sie für meinrecht.de die alltäglichen Rechtsfragen unserer Leser:innen.